CD "Antihypocrisyl" /V.Karparov Band

 

Jazz thing 117 / Olaf Maikopf , 30.01.2017
Die Volksmusikmelodien seiner bulgarischen Heimat vereint Vladimir Karparov hier mit den harmonischen Strukturen des Modern Jazz zu einem Mittel gegen Langeweile und Trübsinn. Denn für den 1977 in Sofia Geborenen gilt es, stets gut gelaunt Genregrenzen zu überwinden. So finden sich in Karparovs Klangkosmos, seinen neun und den zwei Fremdkompositionen von Monk und Corea, ebenfalls Andeutungen von Tango, klassischer Musik, arabesken Klängen oder Gypsy-Sounds. Doch das sind nur einige der Details, die durch diese gefühlvollen und wendigen Instrumentals springen, bei denen die vielerlei farbenreichen Stimmungen, die der Leader seinem Instrument entlockt, sei es das Tenor-, das Sopran- oder das Altsaxofon, diese brodelnde Musik aber erst perfekt machen. Wenn dazu dann noch die Flöte Kaval ihre betörenden Klänge liefert, ist es Oriental-Jazz, wie er ausdrucksvoller nicht sein kann.

 

Concerto , Dezember 2016

Der 1977 in Sofia geborene Saxophonist Vladimir Karparov verbindet seine musikalischen Wurzeln, die zweifelsohne auch in der bulgarischen Folklore stecken, mit den Erfahrungen, die er als Jazzmusiker gemacht hat. Von 1995 bis 1999 studierte Karparov an der Nationalen Musikakademie in Sofia Jazz und Pop Musik, seine Studien setzte er spater an der Hochschule für Musik ,,Hans Eisler" in Berlin fort. Bei seinem neuesten Album ist Vladimir Karparov mit Tenor-, Sopran- und Alt-Saxophon zu horen. Die Stammbesetzung mit Konstantin Kostov, Piano & Keyboard, Scott White, akustischer & elektrischer Bass und Dimitris Chrlstides, Schlagzeug, wird gelegentlich mit Gasten erweitert. Dabei spielt sich vor allem der Kaval Virtuose Nedyalko Nedyalkov in den Vordergrund, der zu Beginn des Albums gemeinsam mit dem Saxophonisten zu hören ist. Peter Ralchev, Akkordeon, Neno Iliev, Gesang, und Stoyan Yankoulov, Schlagzeug, sind die weiteren Gaste dieser gelungenen Verbindung von bulgarischen Klangen und Jazz. Kaum zu glauben, auch Chick Corea's ,,Spain" taucht tief ins bulgarische Landesinnere.

 

 

Jazzthing Februar/März 2008, Falko von Ameln

Wenn es im Jazz darum geht, die eigenen Wurzeln musikalisch auszudrücken und zusammen mit dem Bestehenden zu einem eigenen Stil weiterzuentwickeln, dann ist dies Jazz per excellence. Vladimir Karparov verwebt in zehn exzellenten Eigenkompositionen bulgarische Volksmusik mit modalem Jazz zu einem schillernden Gespinst, in dem sich Schwindel erregend schnelle Themen und komplexe Rhythmen mit Blues- und Gypsy-Anklängen verbinden. Bei einigen stücken reichen traditionelle bulgarische Instrumente das klassische Rhythmusgruppe-und-Bläser-Setup mit zusätzlichen Farben an, steuern aber nicht nur klangliche Nuancen, sondern auch hervorragende Soli bei. Karparov selbst schöpft sowohl in seinen Kompositionen als auch in seinem präzisen, aber ungeheuer wendigen Spiel Inspiration aus Michael Breckers Melodiösität und Joshua Redmans Expressivität. Das Ergebnis ist anspruchsvolle und technisch brillant umgesetzte, in jedem Moment hochspannende und vor Spielfreude brodelnde Musik - eine beeindruckende Visitenkarte von einem der interessantesten jungen Ensembles überhaupt.

 

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.Januar 2008 Bulgar-Bebop / Vladimir Karparovs Debüt

Selbst in Zeiten, in denen die (auch nicht schlechten) Blechblasbands aus Serbien, Mazedonien und Rumänien unser Bild von zeitgemäßer Balkanfolklore bestimmen, kann man wieder einmal feststellen, dass die Krone immer noch Bulgarien gehört. Das war schon im tiefsten Kommunismus so. Nun kommt ein junger Saxophonvirtuose namens Vladimir Karparov, der an Musikhochschulen in Sofia, Hamburg und Berlin studiert hat und bei seinem Debüt mit konventioneller Rhythmusgruppe (Klavier, Bass, Schlagzeug) und vielen wechselnden Gästen aus Bulgarien auftritt. Er beherrscht das heimische Erbe ebenso wie den neueren Jazz und bringt die beiden Welten in eigenen Kompositionen zusammen. Organisch wachsen Jazz und die orientalische Ornamentik und die für unsereins oft nicht nachvollziebar komplexen metrischen Verhältnisse der Balkanmusik auseinander hervor und gehen ineinander auf, als sei etwa der Bebop nicht in Minton's Playhouse , sondern in Sofia oder Plovdiv erfunden worden. Die Geige Gadulka und die Flöte Kaval geben gelegentlich ihre betörenden Töne dazu. Das dritte typische Instrument der Bulgaren, der Dudelsack Gaida, fehlt hier zwar; aber Karparov vermag den Klang auf dem Sopransaxophon fast täuschend zu simulieren. An anderen Stellen klingt es wie ein Substrat aller Balkanklarinetten. Seine Kompositionen sind volller spanender Brüche, abgehangener Stimmungen, tänzerischer Eleganz und harmonischer Wagnisse. Als einzigen Evergreen hat er "Take Five" in einer abenteuerlichen Verfremdung im Programm.

 

Jazzpodium Mai 2008 / Thomas Wörtche

"... Erheblich mehr Jazz-Ambition zeigt da schon Vladimir Karparov. Der bulgarische Saxophonist bildet mit Christian von der Goltz, keys, Horst Nonnenmacher, b, und Dimitris Christidis, dr, perc, ein solides moderat modern spielendes Jazz-Quartett, dem er auf der CD "Thracian Dance" (Meta 038) bedient von Gastmusikern, allerlei Traditionsinstrumente (Kaval, Tupan, Gadulka) hinzufügt und somit eine deutlich folkloristische Akzentuierung vornimmt. Das tut, sorry to say, nicht besonders gut- vielleicht aber auch, weil Karparov kein allzu inspirierter Solist ist bzw. nicht gerade vor Ideen sprüht und stattdessen lieber in die Lick-Kiste greift. Wacker allemal, aber ein bisschen nach Jazz-Schule Kreuzberg, dritter Hinterhof, hört sich das Ganze doch an. Na ja - Jazz goes Bulgaria und vergisst wiederzukommen. "

 

Von Michaela Adick, Heibronner Stimme, 2.02.2009

Der Balkan ruft: Vladimir Karparov Quartett im Cave 61

Heilbronn - Da arbeitet man sich tapfer an den rasantesten Läufen ab, zaubert die wunderbarsten ungeraden Metren aus dem Balkanraum in den Jazzclub Cave 61: Und dann stiehlt einem der eigene Schlagzeuger die Show. Vladimir Karparov, ein Meister am Sopran- und Tenorsax, nimmt es mit Humor, er weiß was er an seinem Schlagzeuger hat.

Ganzkörpereinsatz Der jungenhafte Mann aus Sofia (1977) lässt die ungeraden Metren ungerade sein, bescheiden stellt er sich an den Rand der Bühne, um zu beobachten, was sein hochgeschätzter Kollege Dimitris Christides - offensichtlich ein vehementer Vertreter des Ganzkörpereinsatzes - wieder mit seinen Stöckchen anstellt. Balkaneskes im weitesten Sinne steht auf dem Programm des multinationalen Vladimir Karparov Quartetts, das das Publikum von der ersten Sekunde an zu faszinieren weiß.

Eigenkompositionen Dabei entwickelt das Quartett mit Kelvin Sholar am Klavier und Kontrabassist Horst Nonnenmacher, das fast ausschließlich Eigenkompositionen präsentiert, einen überraschend schlanken Sound. Da ist nichts Überschwängliches, nichts Liebliches: Die Arabesken sind nur zu erahnen, die Gypsy-Anmutungen bleiben dezent. Als Spurenelemente tauchen sie auf, als kleine Aufreger, als ein Unterton unter vielen in einem extravaganten Modern-Jazz-Gig, der, alle Polyrhythmik hin oder her, nie in Gefahr gerät vor lauter Volksmusikanleihen zu einem Euro-Pudding zu gerinnen.

Doch nach zwei langen, süchtigmachenden Sets, in denen selbst Paul Desmonds Gassenhauer „Take Five“ als bulgarische Volkslied aufersteht, ist Schluss. Lange klingt der „Thracian Dance“ nach.

 

Von Mila Schmolke / Berliner Woche

Die Musik des bulgarischen Saxophonisten Vladimir Karparov ist eine bunte Mischung von Rhythmen und Gefühlen. Die Stimmung der bulgarischen Weinfeste, die strahlende Sonne und die fröhlichen Menschen, all das ist im Stück „Vine Leaves“ wiederzufinden. Elegante und aufgewühlte Jazzimprovistionen vereint mit Anlehnungen an alte bulgarische Lieder haben einen hohen Anspruch und sind angenehm zu hören. Stets wissen die vier Musiker des Karparov Jazzquartetts dem Ganzen den einen oder anderen charmanten Gedanken hinzuzufügen, was die Musik noch kurzweiliger macht.

Die Bandmitglieder spielen seit 2005 zusammen und kommen aus drei verschiedenen Ländern. Deshalb auch ist die Rhythmenmischung so vielfältig. Mal mehr und mal weniger übertönen die Elemente aus rührenden Balladen oder temperamentvollen Reigentänzen den Jazzhintergrund. Manchmal auch werden sie in einziges musikalisches Thema eingebettet.

Es macht Spaß, immer neue Details zu entdecken. Der Kjutscheck zum Beispiel ist ein beliebtes Motiv des Bulgaren. Seine Rhythmen sind wie die des Tangos oder der Rumba. Die Elemente der Zigeunermusik bringt Karparov mit seinem Sopransaxophon zum Ausdruck. Schon die nächste Melodie und der nächste Einfall sorgen für einen Stimmungswechsel.